Von den Catlins bis ins Fjordland…

14 02 2011

Fjordland

Bei der Planung unserer Reise war uns das Fjordland bereits besonders aufgefallen, da in Reiseberichten und Dokumentationen die außergewöhnlichen „Sounds“ der Region immer wieder als eines der Highlights der Südinsel bezeichnet wurden. Mächtige Gletscher formten vor geraumer Zeit diese Landschaft. Nach und nach sind sie immer weiter zurückgegangen, bis schließlich Kilometer lange und hunderte Meter tiefe Einkerbungen, sogenannte Fjorde, in den umliegenden Bergen entstanden sind. Diese werden heute fälschlicherweise Sounds genannt, weil sie ganz einfach einmal falsch benannt wurden. Immerhin weißt der Name der Umgebung auf den wirklichen Ursprung der mit Wasser gefüllten Schluchten hin.

Wir waren also gespannt, ob sich unsere Erwartungen erfüllen würden… Naja, eigentlich kann ich es schon vorweg nehmen, sie sind, wie es anscheinend typisch ist für dieses Land, mal wieder weit übertroffen worden.

Habe mir gerade noch mal den gesamten Text von Neuseeland durchgelesen und festgestellt, dass wir aus dem Schwärmen gar nicht mehr herauskommen, aber was sollen wir machen!? Es ist wirklich der Wahnsinn! 🙂

In Te Anau, welches als „Basislager“ für den wohl bekanntesten, den Milford Sound, bezeichnet werden könnte, haben wir Christian und Cora aus Bonn kennengelernt. Mit den beiden unternahmen wir direkt eine lustige Fährfahrt durch den besagten Fjord. Die günstigsten Touren gab es früh morgens und das Aufstehen hat sich tatsächlich gelohnt. Die zunächst durch Nebel verschleierten Berge, boten ein gespenstisches Bild, welches sich von Minute zu Minute zu verändern schien, bis uns die volle Pracht des Fjords nach dem Aufklaren nur noch staunen ließ. Definitiv ein Erlebnis, das wir nicht so schnell vergessen werden!

Trotzdem hatten wir noch etwas auszusetzen…Auf diesem durch eine asphaltierte Straße zu erreichenden Sound, trifft man täglich gefühlte 2 Millionen Touristen, die, wie wir auch, alle versuchen die schönsten und besten Fotos zu knipsen und ein Gefühl, sich in unberührter Wildnis zu befinden nicht richtig aufkommen lassen. Die einzige, relativ simple Möglichkeit sich den Massen zu entziehen besteht darin, dorthin zu gehen, wo einem der Großteil der Leute nicht folgen kann! Deswegen fanden wir, dass es mal wieder Zeit für einen ausgedehnten Track war. Wir entschieden uns für den Hollyford Track, dessen Hinweg man innerhalb von vier Tagen zurücklegen kann. Der beschilderte Pfad (Wir wollten noch keinen Track wagen, bei dem wir selbst navigieren müssen, da uns noch die Erfahrung für ein solches Abenteuer fehlte! Aber drüber nachgedacht habe ich schon! ;-)) startete im Inland und führte 60 km durch das Hollyford Tal bis zur Tasmanischen See. Anders als in Nepal mussten wir danach denselben Weg zurück marschieren. Aus Kostengründen nahmen wir uns für den Rückweg nur zwei Tage Zeit. Es war der Versuch einen tatsächlichen Einblick in die Wildnis Neuseelands zu bekommen… mit allen An- und Unannehmlichkeiten.

Im Fjordland regnet es durchschnittlich 200 Tage im Jahr. Wir wussten dementsprechend, dass es zwischenzeitlich nass und vor allem matschig werden würde. Relativ gut ausgerüstet (Es gibt bestimmt bessere Kleidung für solche Anlässe!) sind wir dann losgegangen. Und es sollte das Erlebnis werden, welches wir gesucht hatten!

Tag 1

Die ersten zwanzig Kilometer führten durch mit Wäldern bedecktes Flachland. Farbenfrohe Moose und Farne ließen alles in den verschiedensten Grüntönen schimmern. Jedoch konnten auch sie nicht komplett vom Gewicht ablenken, das wir auf den Schultern trugen. In Neuseeland sind nämlich die Huts (Hütten), in denen man die Nächte während eines solchen Tracks verbringt, nicht bewirtet. Das bedeutet, dass jeder für seine Verpflegung selber verantwortlich ist und aufgrund dessen etliche Kilos an Lebensmitteln mit sich herumschleppen muss. Wir schätzen, dass wir insgesamt ca. 25 kg dabei hatten! Das ist schon ein Gewicht, das sich nach ein paar Stunden auf dem Rücken durchaus bemerkbar macht. 😉

Nach einem kleinen Anstieg genossen wir dann noch den Blick auf Mount Tutoko, Fjordlands höchsten Berg, bevor wir nach 6 Stunden am Alabaster Lake ankamen, an welchem wir unsere erste Nacht verbrachten. Ein kurzes Bad im kalten See erfrischte unsere müden Knochen und nach ein paar Strech-Übungen haben wir uns zu unseren fünf „Mitbewohnern“ im inneren des Huts gesellt. Bei einem wärmenden Feuer, das in einem Holzofen knisterte, bekamen wir so einige nützliche Tipps, die uns dort „draußen“ noch helfen würden. Dabei ging es um Dinge, wie z.B. Flussüberquerungen und Gefahren bei Unwettern. Viele Neuseeländer betreiben das „Trampen“ als Hobby und machen mit Freunden oder auch alleine Wochenendausflüge, bei denen sie jagen, fischen oder einfach wandern gehen.

Die Huts wurden bereits ab den 1930er Jahren errichtet um den Jägern in der Region einen Unterschlupf zu gewähren, währen diese versuchten so viel Wild wie möglich zu schießen, da es aufgrund von Überpopulationen Prämien für jedes erlegte Tier gab. Heutzutage sind viele dieser Huts erneuerte Versionen der alten Hütten, aber immer noch nur mit Öfen, einfachen Matratzen und Regenwassertanks ausgestattet. Es lag also ganz allein an uns, ob wir schöne, warme und gemütliche Abende haben würden, oder aber frieren und wohlmöglich nicht schlafen könnten.

Nach diesem ersten Abend fühlten wir uns jedenfalls noch besser gerüstet für den restlichen Track als zuvor.

Tag 2

„This section of the track is maintained to a lower standard!“, hieß es so unschuldig formuliert in der Broschüre, die wir uns über diese Region besorgt hatten. Übersetzt bedeutete das, dass mindestens ein Drittel des knapp 15 km langen Pfades, dem wir folgen wollten, unter Wasser stand oder so aufgeweicht war, dass wir bis über die Knöchel im Schlamm versanken. Wir müssen zugeben, dass wir die ausgegebene Wetterwarnung nicht ganz richtig gedeutet hatten. Zum Zeitpunkt als wir an diesem Tag losgingen regnete es bereits seit Stunden und das schlechte Wetter sollte laut Vorhersage auch noch bis zum nächsten Tag anhalten. Uns blieb nichts weiter übrig, als uns 6,5h durch diesen Tag, im wahrsten Sinne des Wortes, zu kämpfen. Angenehm war das bestimmt nicht immer, vor allem Gesine ist wohl an ihre Grenze gestoßen. Spätestens nachdem sie in einem Schlammloch hängenblieb und völlig durchnässt einmal komplett in diese „Suppe“ eingetaucht war, merkte ich, dass es ihr langsam zu viel wurde. Trotzdem war es beeindruckend zu sehen, wie innerhalb von wenigen Stunden aus Bächen strömende Flüsse werden können und plötzlich Wasserfälle dort auftauchen, wo vorher nicht einmal ein Rinnsal zu sehen war.

Die Nacht haben wir dann wie alle folgenden alleine in einem Hut verbracht. Hauptbeschäftigung neben dem Essen kochen war es unsere Klamotten zu trocknen! 🙂

Tag 3

Es hörte dann doch irgendwann auf zu regnen, kaum zu glauben und auch Gesine war wieder guter Dinge. 😉  Nichtsdestotrotz stand heute der schwierigste Abschnitt bevor. Viele moosbewachsene Steine und steile Anstiege machten diesen Tag zu einer weiteren Herausforderung. Diesmal gab es jedoch eine grandiose Belohnung. Nach etwas mehr als 5,5h Stunden und fast 10 Kilometern kamen wir zu einem der schönsten Seen, den wir wohl jemals gesehen haben. Unser Hut lag direkt am Lake McKerrow und wir fühlten uns wie in unserem eigenen kleinen Häuschen mitten im Nirgendwo. Ein unbeschreibliches Gefühl! Nach jeder Ankunft hat Gesine sich immer um unsere Anziehsachen gekümmert und alles zum Trocknen aufgehängt, während ich Holz gehackt und Feuer gemacht habe. Natürlich haben wir uns hier nicht nehmen lassen mal eben in „unseren“ See zu springen! Allerdings musste man sich trotz der warmen Temperaturen immer so kleiden, dass möglichst alle Haut bedeckt war, da einen sonst die Sandflies aufgefressen hätten. Diese kleinen Biester sind zum Glück so langsam, dass sie einem bei Schrittgeschwindigkeit schon nicht folgen können, aber wirklich jede Gelegenheit nutzen einen zu stechen, sobald man stehenbleibt! Wir sahen mittlerweile so aus, als ob wir definitiv zu oft stehenblieben…:-(

Tag 4

Nach weiteren 16 km und 4,5h entlang des Hollyford Tals öffnete sich auf einmal die Tasmanische See vor unseren Augen. Auch an diesem Tag mussten wir einige Flüsse überqueren. Die meisten mithilfe von sogenannten „three wire bridges“, wie es der Name schon sagt bestehen diese aus drei Kabeln. Eines, auf dem man balanciert und zwei Weitere, an denen man sich festhält. Nicht immer ungefährlich. Allgemein kommt es bei einem solchen Track vor allem darauf an Gefahren richtig einzuschätzen. Die eigenen Fähigkeiten jedoch auch nicht zu unterschätzen und mit gesundem Menschenverstand die passende Entscheidung zu treffen. Fast immer ist uns das auch gelungen und trotzdem besteht jederzeit die Gefahr eines Sturzes oder Abrutschens. Das musste ich besonders in einer Situation erfahren, als ich mich an einem erhöhten Ufer am Rande eines Flusses kurz zu Gesine umdrehte, um sie vor einer rutschigen Stelle zu warnen. Dabei habe ich das Gewicht auf meinem Rücken wohl unterschätz, welches  mich prompt nach hinten zog. Unglücklicherweise war dort nichts mehr. Der Sturz wurde jedoch komplett von meinem Rucksack abgedämpft, sodass ich nur einmal ins Wasser eingetaucht bin und meine Trinkflasche verloren habe. Glück im Unglück sozusagen! Ich bin wirklich nicht unvorsichtig gewesen und trotzdem kann eben immer mal etwas passieren. Die Risiken während einer solchen Wanderung lassen sich eben nur minimieren und man kann sie nicht vollständig meiden.

Aus unserem Hut hatten wir einen tollen Blick aufs Meer und haben in der Abenddämmerung den Seehunden dabei zugesehen, wie sie auf den Felsen liegend Sonne tankten und Kräfte sammelten. Erschöpft, aber glücklich und stolz auf das was wir geschafft hatten, haben wir uns ganz in der Nähe auch einen Felsen gesucht und einfach nur aufs Meer gestarrt…

Tag 5 und 6

Um es kurz zu machen…

Auf dem Rückweg haben wir einfach die Strecken von Tag 3 und 4 bzw. Tag 1 und 2 zusammengelegt und sind innerhalb von zwei Tagen komplett zurück bis zu unserem Campervan gegangen. Ohne weitere Vorkommnisse haben wir das schöne Wetter und die andere Perspektive (andere Blickrichtung) nochmals genossen. Unsere Füße haben diese langen Tage zwar nicht so ganz ohne Blessuren überstanden, aber diese paar Blasen werden bald verheilt sein…was bleiben wird, sind die außergewöhnlichen Eindrücke der neuseeländischen Wildnis! 🙂



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1 Antwort zu “Von den Catlins bis ins Fjordland…”

  • Rasselbande sagt:

    Halli Hallo!

    Man, es ist gefuehlte JAHRE her, dass ihr hier wart! Die Monsunzeit ist mittlerweile ueberstanden, unser Hundebestand hat sich vergroessert, unsere Plaene sind noch immer dieselben und uns umschwirren gerade mal wieder Muecken in rauhen Mengen… .

    Gestern haben wir uns ein etwa 3 Hektar grosses Grundstueck angeschaut und obwohl es trocken war, Njabu da nackt rumgesprungen ist und niemand gross was hatte, habe ich am Ende festgestellt, dass der stechende Schmerz am Fuss ein Blutegel war und kein Zusammenstoss mit einem Stock. Manoman!!! Ich dachte, dass man die Viecher gar nicht richtig merken wuerde! Aber im Gegenteil! Natuerlich MUSS ich dabei immer an euch denken… . Kann mir gar nicht vorstellen wie das ist am ganzen Koerper voll zu sein… 🙂

    Ganz ganz liebe Gruesse in die so schoen klingende unberuehrte Natur

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